Seit über 165 Jahren musikalischer Botschafter der Stadt Kulmbach:
Die Vereinsgründung Im Jahr 1851 beschlossen F. Grampp, H. Spindler und Heinr. Meußdoerffer, „diese drei braven, von edler Begeisterung für die himmelanstürmende Macht der Musik erfüllten Männer“, alle Mitglieder einer Stammtischgesellschaft, in Kulmbach einen Musikverein zu gründen. Dieses Ziel verfolgten sie hartnäckig und so konnte am 3.Dezember 1851 der „Musikverein zu Kulmbach“ ins Leben gerufen werden. Seit dieser Zeit gelang es dem Musikverein, über alle Höhen und Tiefen der politischen und sozialen Entwicklungen in Deutschland hinweg, aktiv zu bleiben. Tragendes Element war die Einstellung der Musiker zu ihrem Verein. Bereits die ersten Statuten benennen diese in Abschnitt 1: „Liebe zur Musik und Ausbildung in derselben ist der Zweck des Vereins.“ – das gilt auch heute noch. Die ersten 50 Jahre Mehrere Problemkreise ziehen sich durch die Geschichte der ersten Jahre (manche davon bis heute) wie ein roter Faden. Es waren dies der mangelnde Probenbesuch, die schlechte Bierqualität in den Probenlokalen und das Problem, geeignete Dirigenten zu finden. Die Chronik von 1901 formuliert das Bier- Problem folgendermaßen: „Ein Mißstand, den man heute dank unserer hochentwickelten Brauindustrie nicht mehr kennt, warf aber leider in den ersten Jahren des Bestehens unseres Vereins düstere Schatten in die Kreise desselben. In den 1850er Jahren scheint nämlich im Vereinslokale das liebe Bier, das von Musikern noch niemals verachtet worden ist, herzlich schlecht gewesen zu sein.“ Folge waren häufige Lokalwechsel. Schwieriger zu lösen war das Dirigentenproblem. Dazu muss man wissen, dass die Ansprüche hoch waren. Der Dirigent musste dreimal die Woche Probe abhalten, den Aktiven, die es nötig hatten, sorgfältigen Unterricht erteilen und zudem vier „Produktionen“, das sind öffentliche Auftritte im Saale oder im Freien, pro Quartal leiten. Für einen ehrenamtlichen Dirigenten bedeutete das volle Belastung bis an die Leistungsgrenze! Also musste er dafür auch ausreichend bezahlt werden. Im Jahr 1865 beschloss der Verein, eine eigene Musiklehrerstelle einzurichten. Dotiert war sie mit 250 Gulden nebst freier Wohnung im Vereinslokal (zum Vergleich: Ein Schul-Lehrer verdiente bis 1863 500 Gulden pro Jahr). Trotz dieses vergleichsweise niedrigen Salärs konnte sich der Musikverein diese Ausgabe auf Dauer nicht leisten. Er hatte aber das Glück, dass die Stadt Kulmbach bereits im Jahr 1869 den Dirigenten zusätzlich als „Stadtmusikus“ anstellte und bezahlte. So wurde der Grundstock gelegt für die allzeit enge Verbundenheit des Musikvereins mit der Stadt. In dieser Zeit war er bei allen festlichen Anlässen beteiligt, so z.B. 1859 beim Landwirtschaftsfest, bei der Feier des 100sten Geburtstags von Friedrich Schiller, als 1860 die 50jährige Zugehörigkeit Kulmbachs zum Königreich Bayern mit einem Volksfest bei den Königseichen gefeiert wurde und im Jahre 1873, als „der ruhmgekrönte Führer der süddeutschen Truppen, der deutsche Kronprinz Friedrich, unsere Stadt mit seinem Besuche beehrte“. Legendär waren die Maskenbälle, die der Musikverein veranstaltete. Sie brachten allerdings manchmal auch erhebliche „Nachwehen“ mit sich, wenn z.B., wie einmal geschehen, die als Karnevalsulk gedachten Einlagen zu „bösem Blut“ und zu Gerichtsprozessen gegen den Musikverein führten. Schon 1884 hatte man im Blasorchester auf sog „Türkische Musik“ umgestellt und so konnte der Musikvereins auch damals schon musikalisch überzeugen. Das 50jährige Jubiläum wurde 1901 groß gefeiert. Damit ein richtiges „Jubelfest“ mit dreitägigem Festprogramm finanziert werden konnte, hatten die weitblickenden Vorstände bereits seit 1891 alljährlich 100 Mark in einem Fonds zurückgelegt. Sogar ein Festball fand statt und das Musikkorps des kgl. VII. Infanterie-Regiments „Prinz Leopold“ musizierte. Von Beginn an war der Musikverein Kulmbach sehr vielseitig und bis in die 1960er Jahre hinein nicht allein auf Blasmusik fixiert. Auch die Streichmusik wurde gepflegt und zum Tanz wurde aufgespielt. 1901 war sogar die „Kulmbacher Knabenkapelle“ ins Leben gerufen worden um den Nachwuchs zu schulen. Ihre Geschichte lässt sich allerdings nicht kontinuierlich bis in die Gegenwart verfolgen. Kriege und Krisen Mit dem Ersten Weltkrieg begann für den Musikverein eine schwere Zeit. Junge Musiker mussten Kriegsdienst leisten und gar mancher kam aus dem Feld nicht zurück. Es dauerte bis in die 1920er Jahre, bis der Musikverein wieder wie gewohnt leistungsfähig war. Jedoch nicht lange, denn die Weltwirtschaftskrise und die Machtergreifung durch die NSDAP setzten dem Verein zu. Der Jahresbericht 1932 klagt bereits über „fortschreitende Verhetzung“. Um die musikalische Tätigkeit fortsetzen zu können, sah die Vorstandschaft bereits 1933 keinen anderen Weg, als geschlossen in die SA als Standartenkapelle überzutreten. Hinweise auf die weitere musikalische Betätigung sind in den folgenden Jahren spärlich und verlieren sich schließlich ganz in den Kriegswirren. Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg Der Neuanfang nach dem Krieg war schwer. Es fehlte an Vielem und - vor allem - die Betätigung in Vereinen war von der amerikanischen Besatzungsmacht von Kriegsende bis ins Jahr 1947 verboten worden. Die Bayerische Rundschau schrieb in ihrer Schilderung des Neubeginns, dass der Musikverein „nach 1945 zunächst einmal mit ein paar Mundharmonikaspielern wieder das erste kleine Orchester auf die Beine stellt“. Der Verein wuchs in der Folge schnell. Das 100-jährige Jubiläum 1951 konnte bereits wieder groß gefeiert werden. In dieser Zeit vereinigte der Musikverein folgende Gruppierungen unter seinem Dach: Kammerquartett, Blasorchester, großes Orchester mit Streichern und Bläsern, kleines Salonorchester (Tanzorchester) und auch Schrammelmusik. Der Musikverein hatte nun ein ruhigeres Fahrwasser erreicht und konnte seine Musik auf ein hohes Niveau hin entwickeln. Das zeigte sich auch in verschiedenen Wertungsspielen. Als wenige Beispiele seien genannt: Einen ersten Ehrenpreis errang das Orchester 1952 beim Musikfest des Musikvereins Stockheim (Dirigent Willi Kühn), 1962 beim Bundesmusikfest in Bad Windsheim mit der Aufführung der Ouvertüre „Die diebische Elster“ von Rossini sogar einen ersten Preis in der Kunststufe (mit dem Prädikat „vorzüglich mit Auszeichnung“, Dirigent Alfons Pohl). 1970 beim Landesmusikfest in Stockheim erspielte sich der Musikverein den 1.Rang mit Auszeichnung in der Oberstufe (Dirigent Walter Hörning). Bis ins Jahr 1987 nahm der Musikverein häufig an solchen Wertungsspielen teil, danach wurde darauf verzichtet. Vom Musikverein zur Stadtkapelle Der Musikverein verstand sich seit jeher nicht nur als Verein zur Förderung der Musik, sondern immer auch als Botschafter der Stadt Kulmbach. Als in den 1970er und 1980er Jahren die Städtepartnerschaften der Stadt Kulmbach entstanden, war auch der Musikverein dabei und es gab immer wieder Konzertreisen nach Rust am Neusiedler See (erstmals 1983) und nach Lüneburg (erstmals1987). Bereits seit 1961 durfte der Musikverein Kulmbach das Stadtwappen an der Uniform tragen und 1973 erfolgte mit Zustimmung des Stadtrates die Umbenennung von „Musikverein Kulmbach von 1851“ zu „Stadtkapelle Kulmbach von 1851“. Damit war die Beziehung zur Stadt auch nach außen hin deutlich sichtbar geworden. Diese enge Verbundenheit zeigte sich auch, als die private Knabenkapelle von Poldi Schott 1973 aufgelöst werden musste. Der Musikverein erklärte sich bereit, der Stadt dabei zu helfen, diese als „Städtische Jugendkapelle“ weiterzuführen und deren Finanzierung zu übernehmen. Hans Fiedler, Musiker in der Stadtkapelle und später auch deren Dirigent, übernahm am 1. 1. 1975 die Leitung. Für die Ausbildung der jungen Musiker sorgten weitere Mitglieder der Stadtkapelle. Leider löste sich diese enge Bindung, als die städtische Musikschule mehr und mehr professionelle Lehrkräfte beschäftigte. Die Stadtkapelle Kulmbach erlebte nun eine produktive Zeit mit vielen Konzerten, Teilnahmen an Musikfesten und großen Vereinsausflügen. Ende der 80er Jahre begann jedoch die Entwicklung zu stagnieren und als dann 1990 der damalige Dirigent zurücktrat und kurz darauf der 1. Vorstand verstarb, war es Zeit für einen Neuanfang. Die Stadtkapelle heute Im Laufe der letzten Jahre ist die Stadtkapelle ein „Mehrgenerationenprojekt“ geworden. Die beiden „Seniorenmusiker“, an der Tuba und am Fagott, sind mittlerweile 86 Jahre, die jüngste – eine Klarinettistin – ist 14 Jahre alt. Eine gewaltige Spannweite! . Aus den Musikerinnen und Musikern, die in den 70er und 80er Jahren in großer Zahl als Nachwuchsmusiker aus der städtischen Jugendkapelle zur Stadtkapelle kamen, sind mittlerweile routinierte Orchestermitglieder geworden. Die Stadtkapelle kann in ihren Auftritten auf deren Erfahrung und instrumentales Können bauen. Höhepunkte im „Stadtkapellenleben“ waren immer wieder die Auftritte in der Partnerstadt Lüneburg (z.B. 1997, 2000, 2010 und bisher letztmals 2014 anlässlich der „Sülfmeistertage“) und die Konzerte gemeinsam mit dem Stadtorchester Lüneburg. Eine herzliche Verbundenheit zwischen beiden Orchestern entstand. Deshalb war das Stadtorchester Lüneburg auch bei den Jubiläumstagen im Herbst 2016 in Kulmbach dabei. 165 Jahre „Stadtkapelle von 1851 e.V.“ – das wurde gebührend gefeiert.
|
Zeitraum | Vorsitz: | Dirigent | Mitgliederzahl gesamt | Davon aktive Musiker |
1851-1852 | F. Grampp | Fritz Huther ?? | 1851: 21 Gründungs-mitglieder | 21? |
1852-1853 | Rammensee | Hoffmann bis 1856 | 1852: insgesamt 25 (Protokollunterschriften) | 25? |
1853-1855 | Seyfferth | |||
1855 | Andr. Beck | 1855: 50 | ? | |
1856-1857 | Seyfferth | |||
1857-1858 | Dennerlein | Korndörfer bis 1859 | 1858: 67 | ? |
1859-1860 | Christian Seyfferth | 1859 Hoffmann | 1859: 37 | ? |
1860 | Rammensee | 1860 Pfarrer Meixner bis 1863 | 1860: 34 | ? |
1861 | Joh. Opel | |||
1861-1863 | Christian Seyfferth | |||
1863-1870 | Wendel | 1864 Gustav Langguth | 1865: 146 | 17 |
1871-1872 | Weinmann | 1870: 125 | 17 | |
1873 | Gerh. Hering | |||
1874-1875 | E. Pöhlmann | 1875: 144 | 17 | |
1876 | Gerh. Hering | |||
1877 | Rammensee | |||
1878-1879 | Grethlein | |||
1880-1883 | Wiegandt | 1883 Anton Sailer bis 1890 | 1880: 110 | 15 |
1884 | Carl Angermann | |||
1885 | Erhard Hering | 1885: 107 | 14 | |
1886 | Baumann | |||
1887 | Grethlein | |||
1888-1892 | Carl Angermann | 1891 | 1890: 167 | 28 |
1893-1894 | Kehrer | 1899 Georg Frankfurter | ||
1895-1901 | Angermann | 1901 Frankfurter | 1895: 220 | 33 |
? | ? | ? | ? | |
1914 | H. Graser | Hans? Rauer | ||
1915 | S. Rehm ? | |||
? | ||||
1926 | Simon Ellner | Hans Rochholz | ||
1928-29 | Albert Brückner | Hans Rochholz | ||
1930-1933 | Martin Graser | F. Weihermüller | ||
1934-1937 | Johann Hahn | F. Weihermüller | ||
1938-1945 | Simon Hereth | F. Weihermüller | ||
1945-1946 | Verein nicht in Funktion | |||
1947-1956 | Simon Hereth | Franz Hickel Amtsniederlegung | 1950: 137 | Wiederzulassung |
1957-1967 | Michael Büchner | Leopold Schott |
|
|
1968 | Josef Hanel | Alfons Pohl | ||
1969 | Josef Hanel | Walter Hörning | ||
1970 | Alois Harbauer, | Walter Hörning | ||
1972 | Harbauer führt noch übergangsweise, | 1972: 130 | 36 | |
1973 | Hans Fiedler und LudwigLindner (Dirigent des Musikvereins Weiher) | |||
1974-1977 | Nick Schwarz | Alfons Pohl | ||
1974 bis Ende 1976 | Hans Fiedler ab 1977 | 1977: 156 | 36 | |
1978-1991 | Willi Höhn | Hans Fiedler | 1980: 165 | 39 |
1991- 1994 | Oliver Bohl (ab 21.06.1991) | Ab 1991 | 1991: 216 | ? |
1994-2000 | Ralf Holzmann | Thomas Besand | 1995: 230 | 31 |
2000-2005 | Reinhold Franz | Thomas Besand | 2005: 260 | 53 |
2006-2011 | Ralf Müller | Thomas Besand | 2010:249 | 62 |
2012 bis heute | Roland Jonak | Thomas Besand | 2016: 251 | 55 |
2023 | 2023: 235 | 48 | ||
2024 | 2024: 253 | 49 | ||